Dieses Buch befasst sich mit einer Kontroverse, die ab dem Jahre 1847 zwischen Augustus De Morgan (1806–1871) und Sir William Hamilton (1788–1856) geführt wurde. Als Gegenstand der Auseinandersetzung gilt gemeinhin die ›Quantifikation des Prädikats‹. Doch die eingehende Betrachtung des historischen Materials lässt erkennen, dass es sich bei dem Streitfall nicht – wie häufig angenommen – um einen Prioritätsstreit im engeren Sinne handeln kann, in dem Ansprüche auf den Vorrang hinsichtlich der Autorschaft in ein- und derselben Sache verhandelt werden. Vielmehr gehen die beiden Autoren von unterschiedlich fundierten Ansätzen zur Interpretation der klassischen Syllogistik aus und gelangen zu differierenden logischen Systemen. Die Gegenüberstellung beider ermöglicht es, mit De Morgans Weg hin zum Versuch der Grundlegung einer ›numerisch definiten‹ Syllogistik eine Verschiebung des Verständnisses von Quantität und Quantifikation nachzuzeichnen: Auf den Plan tritt eine Auffassung der Form von Sätzen, in der sich die Rede von ›Quantität‹ von Begriffen nicht mehr nur auf den Ausdruck von Verhältnissen zwischen Teil und Ganzem bezieht, sondern das Strukturmerkmal der Möglichkeit von Quantifikation als einer Konjunktion von ihrer Zahl nach bestimmbaren Begriffsinstanzen bedeutet.
Menschen versuchen, sich zu verändern – durch mühsame, absichtsvolle und wiederholte Übung. Sie arbeiten an ihren kognitiven Fähigkeiten, an ihrem Charakter, ihrem Verhalten, ihren Tugenden, ihren Gewohnheiten. Diese Praxis der Selbstformung ist allgegenwärtig, wird aber in den Wissenschaften bisher kaum oder nur vereinzelt wahrgenommen. Die Diskussionen in den unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen stehen unverbunden nebeneinander. Manchmal steht die alltägliche Praxis der Selbstformung auch im Schatten technischer Optimierungsstrategien, auch wenn diese oftmals kaum mehr als Science-Fiction sind. Dieser Band holt die Selbstformung aus ihrem wissenschaftlichen Schattendasein heraus, führt die vereinzelten Diskursstränge zusammen und ermöglicht einen umfassenden und differenzierten Blick auf diese alltägliche menschliche Praxis. Er versammelt Perspektiven und Beiträge aus Philosophie, Theologie, Psychologie, Soziologie, Europäischer Ethnologie und den Neurowissenschaften. Mit Beiträgen von G. Achenbach, A. Bieler, N. Birbaumer, M. Brumlik, A. A. Bucher, V. Caysa, R. Conrad, W. Greve, T. Heimerdinger, F. Hermanni, S. Kim, R. Kipke, J. Leefmann, D. Lindner, M. Roth, P. Sandhagen, J. Schneider, A. M. Steinmeier, G. Ulshöfer, M. Wallroth, E. C. Winkler
Die Menschenwürde kann heute als eine zentrale, auch praktisch wirkungsmächtige Kategorie in den Kulturen und Rechtsordnungen zumal der europäischen Staaten angesehen werden. Zu diesem Befund will es dann aber nicht recht passen, dass eine – auch den Rechtsbegriff einschließende – konsentierte Begründung der Menschenwürde nach wie vor fehlt. Gilt dies schon für die deutsche rechtswissenschaftliche, aber auch rechtsphilosophische Diskussion um den Begriff der Menschenwürde, zeigen sich bei näherem Hinsehen auch europäische Differenzen, etwa im Vergleich mit dem Menschenwürdeverständnis in der Verfassung Italiens (und den Verfassungen anderer europäischer Staaten). In einer solchen Situation erscheint es sinnvoll, sich der möglichen „Wege zur Menschenwürde“ zu vergewissern, und zwar sowohl in begriffsgeschichtlicher als auch in zeitgenössischer rechtswissenschaftlicher Perspektive. Eben dies unternimmt dieser Band in Form eines deutsch-italienischen Dialogs: Denn es ist gerade die italienische Rechts- und Staatsphilosophie, die sich kraft einer eigenen Form der „Traditionspflege europäischer Geisteswissenschaft“ darum bemüht, bereits gewonnene Einsichten zum hier thematischen Begriff der Menschenwürde nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.
Jüngere Philosophien des Handelns und der Praxis erklären die Normativität des Handelns damit, dass unsere individuellen Akte und Vollzüge in eine gemeinsame, überindividuelle Praxis eingebettet sind. Zuletzt erklärt sich – so die These – die Form und Normativität unseres Handelns durch seinen Ort und seine Funktion in der menschlichen Lebensform. Die Beiträge des Bandes gehen diesem Erklärungsvorschlag nach und loten, gruppiert zu drei Schwerpunkten, Reichweite und Schwierigkeiten aus: 1. Wie hängen (individuelles und gemeinsames) Handeln und praktisches Denken zusammen? Was ist der Status objektiver, handlungsleitender Normen und Gründe im praktischen Denken und für das praktische Denken? 2. Sollte »Praxis« als Konstitution oder als Form verstanden werden, wenn sie dem Handeln einerseits vorausgeht und andererseits – als eine »zweite« menschliche »Natur« – durch es gestützt und geformt wird? 3. Wie verändert der Bezug auf die Form und den Vollzug menschlichen Lebens diese Fragen? Der Band öffnet so neue Perspektiven in einer erst beginnenden philosophischen Debatte im Grenzgebiet von Handlungstheorie, Praxisphilosophie und Metaethik.
Dieses Buch befasst sich mit der wichtigen, zeitgenössischen Debatte um die richtige Deutung des von G.E. Moore in den Principia Ethica ›entdeckten‹ Phänomens des Prinzips der organischen Einheit. Es geht um die Frage: Wie kann der Wert eines Ganzen nicht gleich der Summe der Werte der Teile sein? Der Autor zeigt, dass die beiden debattierten Deutungen (G.E. Moore vs. J. Dancy) des Phänomens zwar beide unhaltbar sind, aber auf einer je richtigen Einsicht beruhen. Man kann dem Phänomen nur dann gerecht werden, wenn moralisches Urteilen als holistisch begriffen wird, als substantielle Einheit von Handlungsbewertung und -typisierung. Dies aber bedeutet, dass man den Wert einer Handlung nicht unabhängig von der Frage, ob sie erlaubt, geboten oder verboten ist, bestimmen kann. Damit ist eine besondere Herausforderung an jede konsequentialistische Moraltheorie formuliert, die von der Unabhängigkeit des Guten vom Rechten ausgehen muss. Dieses Buch wendet sich an Interessenten an Moores Moralphilosophie, Metaethik, Werttheorie und der Konsequentialismuskritik.
John Martin Fischer geht in seinem umfangreichen Werk den wesentlichen Merkmalen der menschlichen Lebensform nach. Ihm geht es um unsere moralische Verantwortung und den Sinn unserer Existenz eingedenk unserer Fragilität und unserer Endlichkeit. Dass der eigene Tod ein Übel für den Menschen zumindest sein kann, wenn auch nicht unter allen Umständen sein muss, gehört zu den tiefen Intuitionen, die John Martin Fischer in seinen Aufsätzen immer wieder auslotet und philosophisch zu begründen versucht. Komplementär dazu hält er gleichzeitig unbeirrt an der These fest, dass Unsterblichkeit nicht unter allen Umständen ein Übel für denjenigen sein muss, dem sie zuteil wird.
The thematic focus of this volume concerns a fruitful discussion between Analytic Philosophy and Classical German Philosophy focusing on ideas of Kant and Hegel and its relation to modern systematic philosophy. While the focus articles were handled by the guest editors, the additional articles were managed by the General editors. Among the latter articles, which were accepted on the basis of the regular call, there are discussions of the work of Parmenides, Plato and Thomas Aquinas. The Authors: Marcos G. Breuer, Paul Clavier, Jacopo Domenicucci, Jasper Doomen, Arthur Kok, Franz von Kutschera, Albert Newen, Julian Nida-Rümelin, Manish Oza, Peter Rohs, Birgit Sandkaulen, Federico Sanguinetti, Richard Schantz, Tobias Schlicht, Benjamin Schnieder, Oliver R. Scholz, Ludwig Siep, Achim Stephan, Pirmin Stekeler-Weithofer, Patrick Toner
Was macht ein Individuum zum Individuum und was kann als Individuum angesehen werden? Diese Fragen beschäftigen die Philosophie seit langem, ohne dass auf sie bisher zufriedenstellende Antworten gegeben worden sind. Gleichzeitig sprechen verschiedene Wissenschaften in unterschiedlichen Zusammenhängen von einer fortschreitenden Individualisierung, so etwa die Soziologie oder auch die Medizin. Die Biologie geht in einigen Forschungszusammenhängen von der Beschreibung individueller Lebewesen über zur Synthese und Konstruktion solcher Wesen. Was also ist es, was hier erzeugt werden soll? Was besagt eine Individualisierung der Medizin oder eine Individualisierung der Gesellschaft? Eine Beantwortung dieser Fragen setzt nicht nur eine philosophische Neubetrachtung der Individualität voraus, sondern auch die Untersuchung der Frage, welche Rolle Individualität im Bereich des Lebendigen spielt. Die hier vorgelegte Studie geht davon aus, dass die Frage nach der Individualität im Allgemeinen und jene nach der Rolle der Lebewesen miteinander verknüpft sind. Lebewesen erweisen sich nicht bloß als ein Anwendungsfall des Individuum-Seins, vielmehr zeigt sich an ihnen exemplarisch, was Individualität ausmacht.
Wie können Naturgesetze, die bestimmen, wie Objekte der Natur sich verhalten, selbst als Objekte der Natur verstanden werden? Die Antwort, die sich aus der Analyse gegenwärtiger Naturgesetztheorien herausschält, lautet: Naturgesetze verdanken sich der kausalen Struktur unserer Welt. Sie drücken die kausale Wirksamkeit fundamentaler Eigenschaften der Natur aus. Im Unterschied zu konkurrierenden Theorien wird diese Antwort der Tatsache gerecht, dass Naturgesetze den Verlauf des Naturgeschehens bestimmen, ohne auf die starke Annahme notwendig wirkender Kräfte zurückgreifen zu müssen. Der Zwang, den Naturgesetze ausüben, spiegelt stattdessen eine grundlegende faktische Beschaffenheit unserer Welt wider: Fundamentale Eigenschaften wie Ladung oder Masse üben ihre Wirksamkeit ungehindert aus, ohne sich gegenseitig zu beeinflussen. Die ›Notwendigkeit‹, die Naturgesetze vermitteln, ist daher mit ihrer metaphysischen Kontingenz, der Möglichkeit anderer Naturgesetz-Welten, vereinbar. Die vorgeschlagene Theorie verknüpft Naturgesetze und Kausalität auf neue Weise: Nur in einer zeitlich asymmetrischen Welt kann es Kausalität geben, und nur in einer kausalen Welt können fundamentale Eigenschaften jene asymmetrischen Relationen ausbilden, die wir Naturgesetze nennen.