Angesichts des schnellen Wandels wissenschaftlicher Erkenntnis und technischer Möglichkeiten müssen Richtungsentscheidungen hinsichtlich des Umgangs mit neuartigen Problemlagen getroffen werden. Vor dem Hintergrund einer sich zunehmend pluralisierenden moralisch-politischen Meinungsbildung und der abnehmenden Autorität bislang beherrschender Meinungsführer sind die zur Entscheidung Aufgerufenen allerdings immer weniger sicher, welchen Weg sie einschlagen wollen und sollen. Verstärkt greifen sie deshalb auf die Vorschläge von Beratungsgremien zurück, in denen den traditionell theoriebezogenen normativen Disziplinen die Aufgabe zu kommt, sich mit Realproblemen zu befassen. Den Moralphilosophen wird damit eine Rolle zugewiesen, auf die sie einigermassen unvorbereitet sind. Die Schwierigkeiten, die viele Philosophen mit der Rolle haben, in die sie die gesellschaftlichen Erwartungen drängen, liegen vor allem in einer objektiven Unischerheit über Struktur, Ziele und Verfahrensweisen ethischer Politikberatung unter den Bedingungen einer pluralistischen und liberalen Gesellschaft. Das vorliegende Buch zielt darauf, diese konzeptionelle Lücke zu schliessen.
Ist der 'Mensch des Menschen Wolf'? Ist der Mensch eigentlich ein von Natur zur Gesellschaft ungeeignetes Wesen? Ist Recht nichts anderes als der zwangsgestützte Befehl des Souveräns, der jeden beliebigen Inhalt haben kann (Hobbes)? Haben 'Stolz und Eitelkeit mehr Hospitäler erbaut als alle Tugenden zusammengenommen' (Mandeville)? Dies sind die theoretischen Provokationen, mit denen sich die schottische Aufklärung konfrontiert sah. Moralischer Sinn, Wohlwollen, Sympathie und die Position des unparteiischen Beobachters: das sind die Begriffe, welche die schottische Aufklärung dieser Herausforderung entgegen stellte. Ohne einen moralischen Sinn, sagt Hutcheson, könnten wir die Gebote des guten Gottes nicht von den Befehlen eines bösen Dämons unterscheiden. Ziel des Werkes ist es, den Gesamtzusammenhang der schottischen Aufklärung in der Moral- und Rechtsphilosophie mit dem historisch-theoretischen Kontext im Überblick darzustellen. Das Buch zeichnet den Denkweg nach, der von der These vom moralischen Sinn bei Shaftesbury und Hutcheson, über den Neuansatz bei Hume bis zu Adam Smith' Theorie der Sympathie und des unparteiischen Beobachters führt.
Die Neurowissenschaften haben in den letzten Jahrzehnten grosse Erkenntnisfortschritte in theoretischer und praktischer Hinsicht erzielt und uns auf beeindruckende Weise diagnostische Einblicke und therapeutische Eingriffsmöglichkeiten in Gehirn und Nervensystem eröffnet. Gleichzeitig stellen sie uns vor neuartige Herausforderungen: Als dem zentralen Steuerungsorgan für alle lebenswichtigen Leistungen und Funktionen kommt unserem Gehirn eine ausgezeichnete Bedeutung für die Gesamtheit unserer Existenz und Lebensvollzüge zu. Es ist die Voraussetzung für die Möglichkeit von Selbstbewusstsein, für die Erfahrung personaler Identität, Willensfreiheit und Autonomie. Der neurowissenschaftliche Erkenntniszuwachs beinhaltet daher vielfältige Implikationen, die einer eingehenden interdisziplinären Analyse und Reflexion bedürfen. Eine Besonderheit dieses Sammelbandes besteht darin, dass zum einen konkrete neurowissenschaftliche Erfahrungen von Ärzten und Wissenschaftlern aus der Neurobiologie, Biophysik, Neurochirurgie, Medizinischen Psychologie, funktionellen Bildgebung und Neuropharmakologie unter Einbeziehung ethischer Aspekte vorgestellt werden, zum anderen aus Philosophie und Ethik die möglichen allgemeinen Auswirkungen neurowissenschaftlicher Erkenntnisse auf das menschliche Selbstverständnis beleuchtet werden.
Wie sollen und dürfen wir mit Menschen umgehen, die noch nicht geboren sind, die schwer dement oder "hirntot" sind, die den Abbruch medizinischer Therapie oder gar aktive Sterbehilfe verlangen? Sind sie im vollen moralischen Sinne (autonome) Personen, mit einem Anspruch auf die Achtung ihrer Würde und Autonomie? Oder ist dieser Anspruch nur eingeschränkt und unter Umständen gar nicht erfüllbar? Ausgehend vom Verständnis dieser Situationen als Grenzsituationen unternimmt die Studie eine breit angelegte Kritik der Ethik medizinischen Handelns, die eine philosophische Kritik der Medizin als Wissenschaft einschliesst. Diese Kritik eröffnet einen ebenso umfassenden wie differenzierten "ethischen Blick" auf die lebenspraktische Realität ethischer Problemlagen, der durch die naturwissenschaftliche Sprache und Methodik der Medizin oft allzu sehr eingeengt ist. So wird auch die besondere Bedeutung der Ethik nicht-ärztlicher Heilberufe, insbesondere der Pflege deutlich. Gegenüber vorwiegend begründungs- und handlungsorientierten Ansätzen versteht die Autorin Ethik als Kritik der Moral mittels anthropologischer Reflexion des personalen Sinnhorizontes menschlicher Lebenspraxis. Auf dieser Grundlage argumentiert sie für die These, dass der moralische Status der Person sich nicht auf positive metaphysische oder empirische Qualitäten gründet, sondern auf die praktische Einsicht in die Nicht-Verfügbarkeit der Person. Dass und wie diese Einsicht gerade auch für die Achtung der Würde und Autonomie in Grenzsituationen moralisch massgebend ist, wird durch genaue Analysen medizinethischer Problemlagen verdeutlicht.
Man kann die Vielfalt und Dynamik der gegenwärtigen Analytischen Philosophie kaum besser unter Beweis stellen als durch sachorientierte Streitgespräche zwischen ihren herausragenden Vertretern. Die Kolloquien der GAP.5-Konferenz waren solche Streitgespräche. In ihnen haben international renommierte Philosophinnen und Philosophen über aktuelle Fragen aus dem Spektrum der Analytischen Philosophie debattiert - von Willensfreiheit bis Wohlfahrt und Armut, von Bedeutung und Normativität bis Feministische Wissenschaftstheorie, von Philosophie als Wissenschaft? bis Physikalismus. Mit Beiträgen von: Daniela Bailer-Jones, Paul A. Boghossian, Ansgar Beckermann, Jonathan Dancy, Hans-Johann Glock, Jane Heal, Frank Jackson, Pierre Jacob, Janet A. Kourany, Brian P. McLaughlin, Margaret Morrison, Jan Narveson, Julian Nida-Rümelin, Cassandra L. Pinnick, Wolfgang Prinz, Michael Ruse, Ludwig Siep, Wolfgang Spohn, Larry Temkin und Holm Tetens.
Die Beiträge dieses Bandes untersuchen die Natur menschlicher Motivation unter einem philosophischen Gesichtspunkt, d. h. sie sind darum bemüht, verschiedene begriffliche Fragen zur Motivation menschlicher Handlungen zu klären. Genauer gesagt betreffen diese Fragen die Natur rationaler Motivation. Denn die intentionalen Handlungen eines Menschen werden typischerweise durch etwas motiviert bzw. erklärt, was die betreffende Handlung rational verständlich macht: Wenn wir danach fragen, was einen Menschen veranlasst hat, etwas Bestimmtes zu tun, dann wollen wir nämlich normalerweise wissen, was sein Grund für diese Handlung war. Wir wollen wissen, was ihn bewogen hat, so zu handeln. Indem wir seine Handlung durch die Angabe des Grundes erklären, machen wir sie als etwas verständlich, was aus seiner Sicht - in seiner Situation und im Lichte seines Selbstverständnisses, seiner Wertvorstellungen, Ziele, Neigungen, Interessen und Gefühlen - zu tun vernünftig war. Vier Fragen werden von den Autoren dieses Bandes untersucht: (1) Welche Rolle spielen gute Gründe für das Verständnis der rationalen Motivation einer Handlung? (2) Was sind die Gründe, die uns zum Handeln motivieren? (3) Auf welche Weise motivieren bzw. erklären diese Gründe unser Handeln? (4) Welche Rolle für das Verständnis rationaler Motivation spielen Absichten und Gefühle?
In diesem Buch wird erstmals der Versuch unternommen, der Vielfalt des Blumenberg'schen Denkens gerecht zu werden, indem zum einen alle Schriften - auch unbekannte Aufsätze, die Dissertation und Habilitationsschrift - zu Rate gezogen werden und indem zum anderen über einen kulturanthropologischen Ansatz eine durchgehende Fragestellung im ausufernden Werk Blumenbergs verfolgt wird. Blumenberg wurde des Öfteren kritisiert, dass er zu rhapsodisch und unsystematisch schreibe und dass seinen Schriften ein tragfähiges Fundament fehle. Oliver Müller geht diesem Vorwurf nach und untersucht, auf welchen Säulen Blumenbergs Denken ruht und an welchen Stellen diese Säulen baufällig sind. Dabei zeigt er einerseits, dass Blumenberg - dessen Denken in den metaphysischen Ruinen nach dem Zweiten Weltkrieg einSetzt - nur vor dem Hintergrund von Husserls und Heideggers Philosophie zu verstehen ist. Andererseits macht Müller deutlich, inwiefern Blumenberg seine Philosophie an die Philosophische Anthropologie, vor allem an Cassirer und Gehlen, anschliesst - was bei Blumenbergs Denken eine sorgfältige Rekonstruktionsarbeit verlangt. Der panoramische Blick auf das Gesamtwerk macht deutlich, dass der Skeptiker Blumenberg immer um einen Begriff der Vernunft ringt und dass seine Theorie - hier kann man den Metaphorologen mit seinen eigenen Mitteln zu erfassen suchen - im Bild des Sehens, des Gesehenwerdens und der Vernunft als Zuschauerin ihres eigenen Schiffbruchs zu sich selbst kommt. So verbinden sich die anthropologischen und vernunfttheoretischen Überlegungen dieses Buches in dem Begriff des "homo spectator".
Repräsentationen vermitteln Menschen, Tieren und künstlichen Systemen Informationen über die Beschaffenheit der sie umgebenden Welt. Die Annahme der Erzeugung von Repräsentationen lässt uns verstehen, wie Papageien einfache Wahrnehmungsbegriffe bilden, wie Ameisen den Weg zurück zum Nest finden, aber auch, wie Wissenschaftler durch Konstruktion von Modellen die Struktur natürlicher Prozesse erfassen können. Sollen Repräsentationen einem System ermöglichen, Lösungen für die aus seiner Umgebung erwachsenden Probleme zu finden, müssen sie ihm relevante Strukturmerkmale dieser Umgebung zugänglich machen. Die im Buch diskutierten Beispiele aus der wissenschaftlichen Modellbildung, aus der Theorie der mentalen Repräsentation und der kognitiven Ethologie zeigen, wie diese grundlegende Intuition durch einen strukturalen Begriff der Repräsentation erneuert, gegen Kritik verteidigt, und zum Verständnis des Funktionierens konkreter Repräsentationen eingeSetzt werden kann. Sie machen freilich auch deutlich, dass Repräsentationen nicht in jedem Fall als "Abbilder" äusserer Gegebenheiten aufzufassen sind - im Gegenteil, Repräsentationen können die Wirklichkeit neu erschaffen und gerade dies macht in vielen Fällen ihren Nutzen für jene Systeme aus, die über sie verfügen.
Neuzeitliche Theorien der Person gehen zumeist von Personmerkalen aus, die unmittelbar aus der Selbsterfahrung und der gegenseitigen Anerkennung gewonnen sind. Weitergehende seinsphilosophische Begründungen, wie sie etwa für den von Boethius entwickelten substanzontologischen Personbegriff kennzeichnend sind, gelten als unausweisbar (John Locke, Immanuel Kant) oder aber als kategorial verfehlt (Max Scheler, Martin Heidegger). Als Konsequenz aus dem Metaphysikverzicht neuzeitlicher Persontheorien wird dann nicht allein die Identität von Personen in der Zeit als auch die durchgehende Identität von Menschsein und Personsein zum Problem - oder zu einer erwünschten Option in der bioethischen Diskussion (Michael Tooley, Peter Singer). Die vorliegende Studie untersucht ausgehend von dieser Problemlage die Frage, in welcher Weise Selbstbewußtsein, Relationalität und Identität als Personmerkmale grundlegend für das Verständnis menschlicher Personalität in Antike und Mittelalter gewesen sind. Ansatzpunkte bieten hier bereits die Diskussion um das Personverständnis in der altgriechischen Literatur wie auch die politische Philosophie Platons. Schwerpunkte der Untersuchung sind die Grundlegung der politschen Philosophie und der Psychologie des Aristoteles in seiner Metaphysik und die christologischen Schriften des Thomas von Aquin im Anschluß an die kritische Rezeption des boethianischen Personbegriffs bei Richard von Sankt Viktor und Bonaventura. Mit dem Nachweis, daß die relevanten Personmerkmale als im Begriff einer Substanz eingeschlossen zu denken sind, wird ein kohärentes Gegenmodell zu neuzeitlichen Persontheorien begründet, das die Identität von Menschsein und Personsein einschließt.
Mit einem Geleitwort von Dieter Hillerbrand. Bedarf es zur Lösung der ethisch relevanten Probleme der Moderne einer genuin neuen Ethik? Welche Verantwortung haben wir im Umgang mit moderner Technik? Welche Ethikkonzeptionen können in Anbetracht der gegenwärtigen Problemlage überhaupt Entscheidungshilfen geben? Die AuseinanderSetzung mit diesen, heute überaus dringlichen Fragen zeigt, dass eine Technikethik als rein angewandte Ethik, wie sie heute zumeist verstanden wird, hierauf keine Antwort zu geben vermag. Auf theoretischerer Ebene wird deutlich, dass die oftmals behauptete Notwendigkeit einer neuen Ethik nicht haltbar ist. Auch erweist sich die Frage nach dem moralisch richtigen Verhalten als zu komplex, als dass sie sich auf einen der Aspekte, der in den verschiedenen traditionellen Ethikkonzeptionen im Vordergrund steht, reduzieren liesse. Die Probleme einer Technikethik zeigen dies besonders deutlich. Dies wird am Beispiel des anthropogenen Treibhauseffektes erörtert. Das Buch - insbesondere die gezeigte Notwendigkeit einer synthetischen Ethikkonzeption - löst sich indes in weiten Teilen vom Bezug auf die Technikethik und bezieht allgemeine bioethische und grundlagenethische Aspekte ein.