„Einfühlung" ist eine systematische Analyse und kulturgeschichtliche Rekonstruktion jenes Konzepts, das gegenwärtig als „empathy" und „Empathie" nicht nur von akademischem Interesse, sondern von größerer gesellschaftlicher Relevanz ist als je zuvor. Die vorliegende Studie zeichnet die Geschichte der hinter dem Begriff „Einfühlung" stehenden Denkfigur nach. Sie nimmt ihren Anfang im 18. Jahrhundert bei Herder, Jean Paul und den Romantikern, folgt seinen Spuren in die Ästhetiken des 19. Jahrhunderts unter anderem bei Friedrich Theodor und Robert Vischer und analysiert dann systematisch die um 1900 überragend prominente „Einfühlungsästhetik". Ein weiterer Teil thematisiert die Ausstrahlung des Einfühlungsdenkens in die Kunst und Kultur des frühen 20. Jahrhunderts - etwa in die Literatur Rainer Maria Rilkes und Vernon Lees, die Architektur August Endells, die Malerei Wassily Kandinskys oder den Film Sergej Eisensteins.
Franz Petrys 1916 erschienene Abhandlung zum sozialen Gehalt der Marxschen Werttheorie widmet sich mit bemerkenswerter Klarheit der systematischen Bedeutung des Marxschen Wertbegriffs für die philosophische Analyse wirtschaftlicher Kooperation und der korrespondierenden gesellschaftlichen Verhältnisse. Die Abhandlung macht über diesen zentralen Begriff des Werts die Marxsche Sozialtheorie insgesamt und deren Konzeptionalisierung ökonomischer Geltungsrelationen zum Gegenstand. Petrys Auseinandersetzung ist von besonderem Interesse, insofern sie noch vor der Kanonisierung der Marxrezeption in den 1920er Jahren erfolgt, weshalb sie von den für diese Zeit zunehmend prägenden ideologischen Interventionen und politischen Abhängigkeiten weitgehend unbeeinflusst ist. Petry formuliert seine kritische Analyse weder aus einer dezidiert liberalen Perspektive noch von einem marxistischen Standpunkt, sondern ist vielmehr unter Rückgriff auf Positionen von Riehl und Rickert vordringlich durch die Grundannahmen der neukantianischen Wissenschaftstheorie geprägt.
Der Konflikt zwischen Autorität und Autonomie bedarf philosophischer Aufklärung – die Untersuchung zeigt, unter welchen Bedingungen dieser Konflikt zu rekonstruieren ist. Viele Personen erfahren Autoritätsausübung als Konflikt zu ihrer Autonomie. Eine einflussreiche Theorie scheint den Konflikt zu entschärfen, da ihr zufolge Autorität gerechtfertigt ist, wenn sie Personen zu dem auffordern, was sie ohnehin tun sollten. Wie ist der Konflikt dann noch rekonstruierbar? Neben der Darstellung konzeptueller Grundlagen von Autonomie sowie von legitimer Autorität, wozu insbesondere das Recht auf Gehorsam zählt, zeigt die Untersuchung Folgendes: Der Konflikt besteht, wenn legitime Autoritätsausübung Entfremdung gegenüber Persönlichkeitsmerkmalen hervorruft oder wenn sie zu Abhängigkeitsbeziehungen führt, welche die Möglichkeiten der adressierten Personen sensibel einschränken. Die Untersuchung trägt somit zum vertieften Verständnis eines alltäglichen interpersonalen Konfliktverhältnisses bei.
Der zweite Band der Deutsch-Georgischen Jahrbücher vereint philosophische, historische und politische Perspektiven auf die gesellschaftlichen Umwälzungen in Osteuropa zu Beginn des 20. Jahrhunderts und zeigt am Beispiel Georgiens auf, welche Rolle marxistische Ideen für die soziale Ordnung und politische Entwicklung des Landes gespielt haben. Dabei geht es sowohl in theoretischer Hinsicht um die Frage nach der plausiblen Auslegung marxistischer Ideen als auch in historischer Perspektive um die Herausforderungen, die mit den Bemühungen verbunden waren, einen sozialdemokratischen Staat zu schaffen. Auf diese Weise versammelt der Band Beiträge, die von dem Denken von Karl Marx, Friedrich Engels oder Konstantine Megrelidze über die Bedeutung der Auseinandersetzungen der verschiedenen politischen Gruppen für die Sozialdemokratie in Georgien bis hin zu der Frage nach der Rolle von Sprache für die gesellschaftliche Ordnung reichen.
Das Buch möchte den Leser für die zentralen Fragen der Philosophie interessieren und ihm ein tieferes Verständnis für ihre Überlegungen vermitteln. Es setzt daher keine philosophischen Kenntnisse voraus, sondern nur die Bereitschaft und die Fähigkeit, ungewohnten und oft abstrakten Gedankengängen zu folgen. Die Fragen, die in diesem Buch erörtert werden, gehören zu verschiedenen Gebieten der Philosophie, zur Erkenntnistheorie, Metaphysik, zur Philosophie des Geistes, der Sprache und der Mathematik, zur Wissenschaftstheorie, praktischen Philosophie, Ästhetik und zur philosophischen Anthropologie. Doch es stellt diese Fragen nicht nur, sondern es gibt auch Antworten. Es ist aus der Überzeugung geschrieben, dass sich oft Antworten auch auf sehr grundsätzliche philosophische Fragen finden lassen, sofern man sie nur klar formuliert und systematisch erörtert. Der Leser ist aufgefordert, diese Antworten selbst kritisch zu überdenken: Denn Philosophieren heißt ja vor allem, selbst zu denken, und dazu lädt dieses Buch ein.
In this volume we have placed three essays concerning the history of philosophy in general before the thematic focus. These general essays comprise a new discussion of scepticism, an analysis of logical atomism, and a discussion of the concept of number. The thematic focus concerning the practical syllosism was organzized by our colleague Christof Rapp, Berlin. They have succeeded in putting together an impressive sequence of interlocking essays about a perennially important topic from ancient philosophy. The authors: Klaus Corncilius, Yiftach J.H. Fehige, Wolfgang Gombocz & Alessandro Salice, Paula Gottlieb, Jean-Baptiste Gourinat, Jörg Hardy, Vojtech Kolman, Holger Leerhoff, Pierre Marie Morel, Anselm Müller, Anthony W. Price, Christof Rapp & Philipp Brüllmann, Matthew Tugby, Sven Walter, Ron Wilburn.
Wenn es um moralische Angelegenheiten geht, spielen andere Menschen oft eine wichtige Rolle für uns: ihr Urteil bestätigt oder beunruhigt; ihr Verhalten ist eine Richtschnur, ihr Rat gefragt, kurz, sie haben Autorität. Vor dem Hintergrund einer weitgehend geteilten ethischen Vorstellung sollte dies nicht so sein. Denn dieser Vorstellung zufolge ist man im besten Fall moralisch unreif, wenn man sich nach andern richtet. Was eigentlich zählt, ist: Autonomie. Dieses Buch ist der Versuch einer Rehabilitierung des Begriffs moralischer Autorität und entlarvt den Gegensatz zwischen Autonomie und Autorität als einen Scheingegensatz. Er ist als Schein zwar nicht völlig aus der Luft gegriffen, aber am Ende kein wirklicher Gegensatz. Dieser Zusammenhang findet seinen Niederschlag in solchen Gedanken wie dem, dass man in moralischen Dingen einem Vorbild folgt, indem man es nachahmt - und damit zugleich zeigt, dass man auf eigenen Füßen steht, denn erst die Nachahmung macht den Nachgeahmten zum Vorbild. Der Zusammenhang zeigt sich auch darin, dass man ein eigenes Urteil fällen kann, indem man sich auf andere beruft - die dadurch zu Autoritäten werden. Wo fehlt es hier an Autonomie? Was könnte daran unreif sein?
Seitdem Kant zum Ausgang des 18. Jahrhunderts festgestellt hatte, dass die mathematischen Urteile insgesamt synthetisch a priori sind, wird bis zum heutigen Tag kontrovers darüber diskutiert, ob solche Urteile überhaupt mög-lich sind. Gut 100 Jahre nach Kant wurde durch Frege zumindest für die Sät-ze der Arithmetik deren Analytizität nahe gelegt - eine Auffassung, die weit-hin akzeptiert scheint. Trotz dieser vermeintlich klaren Sachlage widmet sich die vorliegende Arbeit erneut der Aufgabe, die Mathematik als Wissenschaft zu charakterisieren. In der Tradition des linguistic und pragmatic turn stehend, erfolgt hierbei die Klä-rung des Geltungstyps mathematischer Sätze eingebettet in die Beantwortung der Frage, was "Begründen in der Mathematik" bedeutet. Ausgehend von einer Handlungstheorie für beweisende Wissenschaften wird ein philosophisch neuer Zugang zur Axiomatik entworfen, der erklärt, wie mittels des Setzens von Axiomen die mathematische Wirklichkeit allererst konstituiert wird. Mit diesem Ansatz kann für jedes mathematische Axiom genau bestimmt werden, worin sein spezifisch synthetisch apriorischer Charakter besteht. Während-dessen erweist sich eine hiervon unabhängige Analyse des Neo-Fregeanismus als Niederlage für Freges Erben, denn auch moderne logizistische Program-me bekommen ihre Grenzen durch die Arithmetik aufgezeigt. Kant mag zwar nicht im Besitz der erforderlichen Mittel gewesen sein, aber er hatte die richtige Idee!
Der Bekanntheitsgrad von Sellars’ ‚anti-Cartesischer’, naturalistischer Philosophie steht in einem erstaunlichen Missverhältnis zu ihrer Bedeutsamkeit. Sellars kritisierte die klassische These, dass unser Wissen von der Welt auf kausal ‚gegebenen’ Vorstellungsinhalten beruhen könnte. Dieser „Mythos des Gegebenen“, ja der Begriff der mentalen Repräsentation selbst, stellt eine unzulässige Vereinfachung der Beziehung zwischen Ursachen und Inhalten dar. Die Inhaltlichkeit und Weltbezogenheit (Intentionalität) unseres Denkens leitet sich nach Sellars vielmehr aus der Inhaltlichkeit und Weltbezogenheit unseres Sprechens ab, und diese ist eine Sache der Funktion—der Funktion von phonetischen Objekten innerhalb der komplexen, selbst-modifizierenden Praxis einer Sprachgemeinschaft, die im Zuge wissenschaftlicher Forschung die kausale Interaktion mit ihrer Umwelt stets zu verbessern sucht. Das Anliegen des Buches ist es, eine einführende Orientierung zu Sellars' Naturalismus zu geben. Dabei werden die systematischen Grundlinien einfach und textnah nachgezeichnet und auch wenig bekannte Elemente des Ansatzes vorgestellt, wie etwa Sellars’ nominalistische Prädikationstheorie und die prozess-ontologische Konzeption der Sinneseindrücke. Das Buch ist als Einstieg zu Sellars zu lesen, aber auch als Hintergrundinformation zur aktuellen Debatte um „folk psychology“ bzw. „theory theory of mind“, die ihre Sellarsschen Ursprünge weithin vergessen zu haben scheint.
In einer Reflexion auf das Faktum, dass wir in unseren Urteilen Wahrheitsansprüche erheben, werden allgemeine Voraussetzungen unserer Urteilspraxis entwickelt und gerechtfertigt. Dabei zeigt sich, dass Wahrheit drei Aspekte hat: einen phänomenalen, einen realistischen und einen pragmatischen Aspekt (Wahrheit als Unverborgenheit, als Korrespondenz und als berechtigte Behauptbarkeit). Ferner wird gezeigt, dass ein materielles Raum-Zeit-System nur möglich ist, wenn in ihm Subjektivität, als Pluralität von Personen, vorkommt. Auf dem Boden dieser Subjektivitätsthese werden die Aspekte der Wahrheit mit den drei Dimensionen des Raumes und den drei Ekstasen der Zeit (Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit) verknüpft und es wird gezeigt, dass die Zeit objektiv ausgerichtet ist (einen „Pfeil“ besitzt), weil freie Akteure existieren. Da deren Freiheit mit dem Determinismus inkompatibel ist und da weder jene noch dieser preisgegeben werden kann, wird eine metakompatibilistische Freiheitstheorie entwickelt, mittels deren Wahrheit, Zeit und Freiheit widerspruchsfrei aufeinander bezogen werden können.